10 02 2015 Integrationskonzept - KWini vo Wös

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Alle die ihre angestammte Heimat verlassen, in der sie bisher Auskommen, Vertrautheit, Sicherheit und Freunde hatten, machen das nicht ohne triftigen Grund.

Vor einigen Jahren arbeitete ich nebenberuflich als Betreuer für Schubhäftlinge und lernte deren Hintergründe, Schicksale und Erwartungen hautnah kennen. Die Auseinandersetzung mit der Flüchtlingsproblematik bescherte mir nachhaltige Einblicke und eine neutralere Sicht des Ganzen. Zuwanderer allgemein kommen als (Schlüssel)Arbeitskräfte, im Rahmen des Familiennachzugs oder als Flüchtlinge; sie kommen aus EU-Staaten oder Drittstaaten. Bei Flüchtlingen sollte man unterscheiden zwischen „echten Flüchtlingen", „Menschen mit falschen Erwartungen" und „Menschen, die Asylanträge in Missbrauchsabsicht stellen“. „Touristen" und manche Arbeitskräfte hingegen kommen und bleiben nur vorübergehend und „Kriminaltouristen" kommen mit der Absicht, ihr Einkommen mit kriminellen Machenschaften zu sichern. „Migrationshintergrund" haben alle, die selbst oder deren Eltern oder Großeltern zugewandert sind. „Integration“ bedeutet die politische, rechtliche und soziale Gleichstellung von In- und AusländerInnen und beinhaltet ein Bekenntnis zur kulturellen Vielfalt. So viel zur Unterscheidung der häufig verwechselten Begriffe. 

Grundsätzlich bestehen Ängste „gegen Fremde und Unbekannte". Aber auch Vertrautheit führt deswegen nicht zu Vertrauen. Wer hat im Zaun zum Nachbarn eine offene Pforte für schnelle Besuche oder gar den Zaun gänzlich entfernt? Wer kennt alle Nachbarn rundherum mit Namen und sitzt mit ihnen öfter zusammen? Bei Wikipedia ist es treffend beschrieben : Der Prozess der Integration von Menschen mit einem Migrationshintergrund besteht aus Annäherung, gegenseitiger Auseinandersetzung, Kommunikation, Finden von Gemeinsamkeiten, Feststellen von Unterschieden und der Übernahme gemeinschaftlicher Verantwortung zwischen Zugewanderten und der anwesenden Mehrheitsbevölkerung. Im Gegensatz zur Assimilation (völlige Anpassung), verlangt Integration nicht die Aufgabe der eigenen kulturellen Identität.

Den Islam" gibt es nicht, er weist mindestens genau so viele Glaubensströmungen auf wie das Christentum (Katholiken, Altkatholiken, Katholische Fundamentalisten, Protestanten, Evangelische Freikirchen, Zeugen Jehovas, Mormonen, u.v.a.m.). „Islamismus" und „Islamisierung" sind daher nur oberflächliche pauschalierende billige Schlagworte, als ob jemand gegen eine „Christianisierung" wettert und dabei eigentlich den Zölibat im Auge hat. Also bevor gegen „Islamisierung" demonstriert wird und gegen „Überfremdung" polemisiert wird, sollte doch der eigene „Ethnozentrismus" (Wikipedia dazu) überwunden werden, wäre es besser, mit den muslimischen Nachbarn zu reden und die Diskusssion zu suchen. „Welchen Islam lebst du eigentlich?", „Wie denkst Du über...?" . Und wenn man dann den religiösen Standpunkt des Nachbarn, der Einzelnen Gläubigen oder der Welser Alevitischen, Bosnischen, Albanischen oder Türkischen Vereine dazu kennt, ist man authentischer und informierter in der Diskussion unterwegs. Als erster Schritt zum Verstehen des Mitmenschen hier bei uns in Wels.

Dass wir in Österreich gewisse Werte hochhalten sei allerdings allen ins Stammbuch geschrieben, die zu uns kommen und kamen, um an unserem blühenden Staatsgebilde und seinen von uns erarbeiteten Errungenschaften teilhaben wollen. Die positiven Aspekte, Arbeitsplätze, der Sozialstaat, wochenlang Urlaub, Krankenversorgung, die vollen Läden, und die Verbannung des Hungers sind unbrüchlich verknüpft mit der Rede- und Pressefreiheit, der Freiheit nach Belieben gläubig oder ungläubig sein zu dürfen, Religionen „bescheuert" oder in der Religion das alleinseligmachende Glück finden zu dürfen. Dafür gibt es in Österreich die fast vollständig erreichte Gleichstellung der Frauen und deren Selbstbestimmung, keine Ehrenmorde, keine Zwangsheiraten und keine patriarchalische Grundorientierung. Rosinen aus dem Kuchen herauspicken spielt's nicht. Wem dieses Essen nicht schmeckt und wer seinen Einheitsbrei kochen will, soll woanders hingehen, gibt genug andere Lokalitäten.

(Gemeinde)Politik wird zwar das Kochrezept ständig ein bisschen variieren, aber das Grundrezept bleibt das Gleiche. Integration heißt aber nicht Gleichmacherei, sondern kulturelle Vielfalt in der Gemeinsamkeit im Sinne von „Interkultur" (nach Mark Terkessidis, deutscher Migrationsforscher, siehe Wikipedia und seinen Facebook-Account). Ausgrenzung der Fremden oder des Fremden ist dabei keine Lösung. Grundlage und Bindemittel dazu ist die Verständigung, die nur über eine gemeinsame Sprache erfolgen kann.

Auf städtischer Ebene wäre dazu nötig,
sprachlich...
  • dass alle Zugewanderten so schnell und gut wie möglich die deutschösterreichische Sprache lernen und üben, egal ob Kinder, Jugendliche, Erwachsene oder schon länger hier Wohnende und egal ob sie eine städtische Wohnung wollen oder nicht.
  • dass zur Eheschließung die Kenntnisse der deutschen Sprache in Wort und Schrift notwendig sind (in Deutschland sind rund 50% der Heiraten unter Türken Zwangsverheiratungen mit „Importbräuten", Quelle

...und in der Praxis...
  • Ausbau von Bildungsprogrammen und Elternkursen in MigrantInnenvereinen
  • Ausbildung mehrsprachiger »Bildungslotsen« (»Elternlotsen«, »Integrationslotsen«), die als Kontaktpersonen bei Erziehungsfragen, Fragen zur Schule oder bei Gesprächen mit den Lehrkräften unterstützen können
  • Einrichtung von Begegnungsstätten in den Schulen, Sporthallen, Jugendzentren und Tagesheimstätten, in denen ein auf MigrantInnen zugeschnittenes Programmangebot stattfinden kann und Einrichtung einer mobilen Begegnungsstätte (Autobus oder Bauwagen) mit Frauen-Frühstücks-Treff, Nachmittags-Treff, Kids-Treff und Café International, Hausaufgabenbetreuung, Nachhilfe, Spieltreffs, Kursen für Gewalt- und Kriminalitätsprävention bei Jugendlichen, Berufsorientierung und Lebensplanung.
  • Beratungsstunden für Eltern: Elternintegrationskurse, in denen sie Wichtiges über das Bildungs- und Ausbildungssystem lernen, aber auch über Themen wie die Gesundheit Ihrer Kinder, Fernsehen oder Computernutzung, Kindererziehung bei Konflikten oder Gesundheitsversorgung (inklusive Verhütung, Schwangerschaft, Geburt und frühe Kindheit)
  • Deutschkurse speziell für Mütter und Deutschkurse für Familien
  • Lesen lernen für funktionelle Analphabeten und Analphabetinnen (rund 970.000 (17 %) der ÖsterreicherInnen sind funktionelle Analphabeten, Die Presse vom 7.3.2015), wobei Frauen eine geringere Lesekompetenz haben als MännerAbschlußbericht der PIAAC-Studie Seite 170), und Erwachsene mit nichtdeutscher Muttersprache dreimal so häufig betroffen sind (Seite 246). 
  • Patenschaften für Neu Zugezogene
  • Aktive Öffnung von Vereinen (Sportvereine, Kulturvereine, Chöre,...)
  • Aufarbeitung der Migrationsgeschichten „Wer bist Du?" als Fotoausstellung mit Texten oder als von Jugendlichen gedrehte Videofilme

Daneben gehören aber auch die Ursachen der Heimatflucht beleuchtet. Kriege um Rohstoffe (Erdöl im Nahen Osten, Erze im Kosovo, etc.) oder Vormachtstellungen, Waffenproduktion und -exporte, Konfliktbewältigung durch Gewalt, einseitiger Abbau der Handelshemmnisse, subventionsgestützte Exporte der EU nach Afrika und postkoloniale Ausbeutung der afrikanischen Fischgründe durch schwimmende Fischkonservenfabriken. So schlimm das alles ist, vergessen sollen wir es nicht, aber am Naheliegendsten wären erste Schritte und Worte zum fremden Nachbarn bei uns in der Stadt.

Ich kann mich noch an eine Diskussion im Gemeinderat 1991 (also vor 23 Jahren) erinnern, wo es darum ging, mehr Sitzbänke in der Innenstadt aufzustellen, damit sich die Besucher der Innenstadt ohne Konsumationszwang hinsetzen können. Mein Vorschlag dazu wurde abgelehnt, weil „dann halten sich dort die Ausländer auf und sitzen herum“. Bereits damals wurde damit die Integration aktiv verhindert und abgewiesen. Und heutzutage wird aus diesen Gründen das Grillen in der großen Freizeitanlage in Wimpassing verboten. Da ist es nur naheliegend, Sitzbänke für die Innenstadt zu fordern, für alle Welserinnen und Welser und das Grillen in jeder Grünanlage zu erlauben.

Viele Probleme etwa „Lesen lernen oder Deutsch lernen“ in Schulen sind strukturelle Problem, die mit "Migrationshintergrund" weniger zu tun haben, als mit dem Bildungsgrad der Eltern, die ihre Kinder nicht unterstützen können, beim Lesen lernen, beim Aufsatz verbessern, bei Mathematikhausübungen, beim Üben eines Musikinstruments oder sonstigen Hausaufgaben. „Wir haben lange nicht begreifen wollen, dass analphabetische Eltern ihren Kindern den Satz des Pythagoras nicht erklären können. Das heißt: Wir müssen diesen Kindern helfen, die Defizite ihrer Elternhäuser abzustreifen. Ansonsten brauchen wir uns über perspektivlose „Hartzer“ oder Intensivtäter, die mit 25 ihr halbes Leben im Knast verbracht haben, nicht zu wundern. Nichts ist so teuer wie ein nicht in die Gesellschaft integrierter Mensch. (Quelle). Integration heißt daher auch, Kinder ganz normal zu fördern, wenn es das Elternhaus mangels Bildung nicht kann, unabhängig davon, ob sie "Migrationshintergrund" haben oder nicht. Dadurch werden auch Kinder mit deutscher Muttersprache in die Gesellschaft und in unsere Stadt integriert.

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